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Laufen - mein Leben
Gerd Müller aus Havelberg
   
   
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5. Thüringenultra, 2.Juli 2011

Er hat doch etwas von mir übrig gelassen.......

 

 

...der "Eppstein-Barr Virus" ! Bekanntlich litt ich letzten Herbst unter dem Pfeifferschen Drüsenfieber und war aus eben diesem Grund gezwungen, sehr vorsichtig nach etwa 5 Wochen wieder mit dem Training zu beginnen. Der Trainingsrückstand war bis zum heutigen Thüringenultra doch ganz schön groß. Ich ging 4 Uhr mit sehr gemischten Gefühlen an den Start.

 

Eigentlich hätte ich auch eine andere Überschrift über meinen Laufbericht stellen können:

 

"30 Grad kälter als im Vorjahr!" wäre auch sehr passend gewesen.

7 Grad waren es auf den Gipfelhöhen, dazu teilweise Regen und auch etwas Wind fehlte nicht. Also - nicht mein Wetter!

 

Warum habe ich nun den obigen Titel gewählt? Ich habe es wieder geschafft. Nach 12:43 h

war ich als 86. im Ziel und konnte nach wirklich großem Kampf wieder auf das Podest steigen. Dieses mal reichte es zum 3. Platz in der AK M60!

 

Dieses Jahr war ich wieder mit Karl-Heinz als Radbegleiter unterwegs. Schade, dass es keine Wertung anhand des Teamalters gab - da brachten wir nämlich gemeinsam stolze 135 Jahre zusammen!

 

Aber der Reihe nach. Es lief nicht gerade optimal am Anfang -  4 Uhr, kalt, nicht aufgewärmt - was soll man da erwarten!

Im Vorfeld hatte ich mir die Startnummer meiner gemeldeten Mitkonkurrenten in der Altersklasse genau angesehen und eingeprägt. Das sollte noch wichtig werden!

 

Schon etwa bei Kilometer 15 ging es los. Mich überholte einer aus meiner AK ganz locker als es den Berg hinauf ging. Dass auch er wusste, wen er da so spielend überrollte, konnte ich an seinem etwas spöttischen Blick erkennen.

 

Schön ruhig bleiben, sagte ich mir...es ist ja gerade mal los gegangen!

Aber ich bleib in Sichtweite und legte mir einen Plan zurecht.

Am nächsten großen Berg tat ich alles, um wieder genau hinter ihm zu sein. Dort hielt ich mich auf bis zum Gipfel und wurde von ihm auch nicht bemerkt. Er wähnte mich sicher bereits abgeschlagen.

Oben angekommen atmete ich kräftig durch und legte meinen "Bergab-Gang" ein. Ich schoss förmlich an Ihm vorbei und rannte den ganzen langen Abstieg wie entfesselt nach unten.

Ich kann es kurz machen - ich sah ihn nicht wieder!

 

Auf den Gipfelhöhen war es übrigens sehr ungemütlich. Um die 7 Grad, neblig, regnerisch -

Herz, was willst Du mehr! Bei einer Pulsfrequenz um die 150-160 zu fieren, ist nicht gerade ein angenehmes Gefühl.

 

Etwa zur Marathondistanz lief ich auf Gunter Rothe auf, der sich immer noch gut fühlte, obwohl er schon die ganze Nacht unterwegs war.

An dieser Stelle mein Kompliment an alle Läufer, die sich die Strapaze der 100 Meilen zutrauten.

Unvorstellbar für mich - die "Kurzstrecke" über die 100 km ist mir anstrengend genug!

 

Also, mein Ziel war nicht nur, ins Ziel zu kommen. Ich liebäugelte schon damit, auch bei meinem 4. Start über diese Mörderstrecke am Schluss in der AK auf dem Podium zu stehen.

 

Von meinem Bekannten, der regelmäßig immer wieder gemeinsam mit meiner Frau an der Strecke stand erfuhr ich, daß 2 Läufer vor mir waren und wahrscheinlich auch nicht erreichbar waren für mich.

 

Es ging also "nur" darum, diesen Platz zu halten.

 

Als der letzte große Abstieg Richtung Finsterbergen zu Ende ging, traf mich fast der Schlag, als plötzlich wie aus dem Nichts, ein Läufer meiner AK zu mir auflief und mich gleich stehen liess.

Da hatte er doch mich als ausgewiesenen Bergabspezialisten auf einem Abschnitt, der wie gemacht war für mich, alt aussehen lassen!

Mein erster Gedanke: "Das war es!"

 

Karl-Heinz richtete mich aber wieder auf und sagte, dass er sich vielleicht bei dieser Aufholjagd übernommen hat.

Gerade nun kam der Anstieg hinauf nach Finsterbergen. Erste Hoffnung bekam ich, als ich sah, dass auch er hinauf gehen mußte.

 

Jetzt versuchte ich, von meiner Fähigkeit zu profitieren, schnell zu gehen.

Ich überholte ihn im Gehen und legte sofort einige Meter zwischen uns.

Bei der Ankunft an der Verpflegungsstelle hatte ich etwa 200m Vorsprung und ich beeilte mich!

 

In der Folge konnte ich meinen Vorsprung weiter vergrössern, musste allerdings eigentlich über meine Grenzen gehen!

Ich war so kaputt, dass ich etliche Abschnitte nicht mehr laufen konnte, sondern gehen musste.

Aber ich kämpfte im wahrsten Sinne des Wortes bis fast zum Umfallen!

 

Als wir km 90 passiert hatten war ich mir meiner Sache sicher.

Die Stimmung bei Km 95 genossen wir ausgiebig und gönnten uns etwas Ruhe bei einem Gespräch mit der tollen Besatzung dort.

 

Da sahen wir in einer Entfernung von etwa 300 Metern ein bekanntes Laufhemd. Nach Anfrage von mir, nahm die junge Frau auf dem Ausguck diese ins Visier und nannte mir diese gewisse Startnummer! 

 

Dieser Adrenalinschub sorgte dafür, dass mir etwas gelang, was ich noch nie geschafft hatte - die letzten 5 km flott durchzulaufen.

 

Ich sagte nur: "Los Karl-Heinz, wir müssen...auf gehts!"

 

So unglaublich es für mich heute auch aussieht, ich bin teilweise schnelle als 10 km/h auf diesem letzten Abschnitt gelaufen!

 

Was ein guter Beweis dafür ist, dass gerade der Ultralauf in starken Masse eine Kopfsache ist.

Im Normalfall hätte ich das unmöglich gekonnt!

 

So war meine Frau sehr überrascht, als wir über 10 Minuten früher als erwartet im Ziel erschienen,

 

Völlig ausgepumpt und am Ende meiner Kräfte taumelte ich in ihre Arme und freute mich natürlich auch über die Tatsache, nun vierfacher Sternträger zu sein!

 

Ein paar Minuten später stellt sich heraus, dass dieser Sturmlauf gar nicht nötig gewesen wäre.

Anstatt der vermuteten Startnummer "6x" kam die Nummer "5x" nach mir ins Ziel!

 

Da war wohl das Fernglas beschlagen! Macht nichts, so durfte ich erleben wozu man fähig ist, wenn das Gehirn die allerletzten Reserven frei gibt!

 

Der Läufer, der mir diesen Schreck einjagte (natürlich unwissentlich) war übrigens der Erfurter Läufer Pohl, welcher in der AK M70 startete - unglaublich!

Ein riesiges Kompliment!!!

 

Zusammenfassend kann ich sagen, dass es besser für mich lief, als ich es erwartet hatte.

Der Schlamm und die vom vielen Regen der letzten Tage ausgewaschenen Steine machten diesen Lauf noch schwerer, als es die Höhenmeter schon machten!

 

Es ist immer wieder erstaunlich, wozu der menschliche Körper fähig ist, wenn er trainiert ist und wenn der Kopf mitspielt!

 

Da ich im Dress des veranstaltenden Vereins "Lauffeuer Fröttstädt" unterwegs war, konnte ich viele Worte der Bewunderung und des Dankes unterwegs von den Läufern entgegen nehmen.

 

Diese Möchte ich an dieser Stelle weitergeben an diese Leute, die die Hauptlast der Organisation trugen...

 

...und diese Last war nicht einfach und leicht, das kann jeder glauben!

 

 

 

Gerd Müller

 
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