Marathons und länger:
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Laufen - mein Leben
Gerd Müller aus Havelberg
   
   
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Bremen Marathon - der 100.!

Mehr als 27 Jahre hat es gedauert ..... der 100.!

  

Einen  Traum habe ich mir verwirklicht - ich bin tatsächlich 100 Läufe Marathon und länger gelaufen!

 

Als ich 1988 nach 43 km mit einem geschwollenen Knie in Schmiedefeld, am Ziel des Rennsteig Marathons, die Ziellinie überquerte, gab es diesen Traum natürlich noch nicht.

 

Doch bereits 1992 bei meinem ersten Stadtmarathon in Frankfurt (3:19 h) hörte ich zum ersten mal davon, dass es Läufer gab, die 100 Marathons gelaufen waren.

 

Seitdem war dieser Gedanke im Hinterkopf und es wurde immer mehr zur Gewissheit für mich, dass ich das auch schaffen wollte.

 

Allerdings nahm ich mir vor, nun nicht einfach anzufangen, Marathons zu sammeln und jede Woche einen zu joggen, nur um diese Zahl zu erreichen.

 

Nein - es ging normal weiter. Jeder Marathon wurde vorbereitet und am Limit dessen, was möglich war, gelaufen.

 

So gab es eben auch Ergebnisse, auf die ich mächtig stolz war und auch noch bin. Im Rückblick erscheint es mir irgendwie unwirklich, dass ich mal 3:00:58 beim Berlin Marathon gelaufen bin oder nach 9:41 die 100 km im Ziel von Biel beendete.

 

Dazu waren noch etliche Marathons knapp über 3 Stunden dabei und einige auch sehr gute Rennsteigläufe (Bestzeit Marathon 3:21 und Supermarathon 7:32). Die 4:24 beim Schwäbisch Alb Marathon waren auch ein Höhepunkt und nicht zu verachten.

 

Im Laufe der Jahre wurde das natürlich alles langsamer. Die Gesetze der Biologie kann keiner umgehen.

 

Doch einem bin ich treu geblieben - ich habe bei jedem der 99 Läufe immer alles gegeben!

 

Das sollte trotz vieler Rückschläge in der Vorbereitung (Grippe, massive Fußsohlenprobleme) nun auch beim Jubiläumslauf - dem 100. Lauf Marathon und länger - so sein!

 

Am 3. Oktober machten wir uns von Havelberg aus auf den Weg nach Bremen. Seit Dezember 2013 wohne ich ja in der Stadt an der Havel und starte natürlich auch für den SV 90 Havelberg.

 

Trotz Feiertag war die Autobahn ziemlich voll, doch wir hatten Glück und blieben von einem Stau verschont.

 

Am Bremer Weserstadion erwartete uns schon Toni Hecker, ein Lauffreund aus Bremen. Wir waren ziemlich genau zur ausgemachten Zeit um 14 Uhr da.

 

Eine Stadtbesichtigungstour durch die Bremer Innenstadt schloss sich an. Es war sehenswert und interessant. Ich machte sogar die Bekanntschaft des Henkers von Bremen.

 

Nach einem guten Abendessen ging der Tag auch nicht allzu spät zu Ende. Wir übernachteten bei Toni.

 

7:15 Uhr klingelte das Handy. Das Auto ließen wir nach dem Frühstück stehen und fuhren mit dem Bus zum Startgelände.

 

Rund 13 Grad, heiter und nur wenig Wind. Ich glaube, ich hatte richtig gewählt - oben langärmlig und unten halbkurz. Die ersten Kilometer trug ich sogar dünne Handschuhe, die ich später aber entsorgte.

 

Ich reihte mich am Start ziemlich weit vorn ein, so dass ich mit als einer der ersten der etwa 1700 Starter weg kam.

 

Ich lief mit einem Schnitt von ca. 5:50 min/km an und beinahe auch durch. Selten bin ich einen Marathon so gleichmäßig gelaufen.

 

Gut, dass ich am Anfang so diszipliniert gelaufen bin, denn sonst wäre er sicher gekommen - der Einbruch!

 

Von Beginn an wurde ich eigentlich fast nur überholt, aber ich behielt die Nerven und sagte mir immer wieder, dass ich einige dieser Schnelleren wahrscheinlich wieder sehen würde.

 

Die Halbmarathon Marke überquerte ich nach 2:02:40. Der Tempomacher für 4:00 lag in diesem Moment etwa 20 m vor mir. Der Junge hatte sich klar übernommen und bei der Übernahme dieser Aufgabe wohl doch etwas überschätzt.

 

Schnell war ich vorbei, hörte sein Keuchen und sah ihn nicht wieder.

 

Die folgenden Kilometer kann ich beinahe überspringen. Natürlich wurde es ab und zu etwas schwerer. Doch durch ganz geringe Zurücknahme des Tempos konnte ich das immer ausgleichen und später wieder anrollen.

 

4 Gels hatte ich mit, die ich ganz geplant nahm. Das erste bei km 15., das zweite bei km 25, das dritte bei km 30 und das letzte Gel dann bei km 35. Insgesamt drei Salztabletten rundeten meine Verpflegung ab.

 

Regelmäßiges Trinken und zwei Stückchen Banane gehörten zum Standard.

 

Etwa bei Kilometer 35 wurde es richtig emotional. Teilweise fühlte ich mich wie in New York - so groß war die Begeisterung der vielen Zuschauer. Jeder Einzelne wurde angefeuert und motiviert!

 

Bei km 38,5 war er erreicht, der absolute Höhepunkt der Strecke. Durch das Marathontor lief man ins Bremer Weserstadion ein, lief eine halbe Runde, bevor es wieder verlassen wurde.

 

Jeder wurde einzeln erwähnt und angesprochen. Zu diesem Zeitpunkt war das Feld ja auch so auseinander gefallen, dass dies problemlos möglich war. Das war schon sehr bewegend.

 

Außerhalb des Stadions schnell noch einen Schluck Cola, bevor es die Rampe hoch ging.

 

Ein etwa 120 m langer eigentlich völlig problemloser Anstieg, der aber für viele zum echten Problem wurde, das er eben kurz vor km 39 lag.

 

Ich konnte locker und flott hoch laufen und musste auf den letzten 3 km aufpassen, nicht zu schnell zu werden.

 

Es bestand immer die Gefahr, kurz vor dem Ziel noch einen Krampf zu bekommen. Einmal war es fast so weit. Ich überholte gerade eine ganze Gruppe am Stück und lief deutlich unter 6 Minuten, als es in der rechten Wade los ging.

 

Raus genommen - schon ging es wieder.  Nach fast ganz genau 4 Stunden erreichte ich Kilometer 40.

 

Nochmal zu den Tempomachern. Der von 4:15 kam kurz vor dem Stadion in Sicht und war nach meinem Überschlag mindestens zwei Minuten zu schnell.

 

500 m vor dem Ziel stand er dann in der Kurve und wartete "seine Zeit" ab. Ich sagte ihm, dass er zu gut war. Er lachte und gratulierte mir herzlich zu meiner Endzeit, die deutlich unter 4:15 liegen würde.

 

Die letzten Meter waren Emotion pur! Ich hatte es geschafft! Mit einer relativ guten Leistung hatte ich meinen 100. Marathon ins Ziel gebracht und damit auch bewiesen, dass ich in den davor liegenden Läufen genug Erfahrung gesammelt hatte, um dies mit Anstand zu tun.

 

Bei diesem Lauf hatte ich wirklich nichts falsch gemacht!

 

Dies war in den Jahren davor sicher nicht immer der Fall gewesen. Als Marathonläufer lernt man eigentlich nie aus, weil jeder Lauf anders ist, anders verläuft.

 

Eines ist bei jedem Lauf aber so gut wie gleich - man muss willensstark sein. Besonders ab Kilometer 30!

 

Ich danke Bremen und den Bremern für diesen tollen Lauf! Bei meinen vielen Stadtmarathons, die ich in ganz Deutschland und auch in anderen Ländern gelaufen bin, habe ich ganz selten so viel Begeisterung wie gestern erlebt!

 

Zum Schluss noch ein symbolischer Dank - ich danke meinem Sport, denn er hat mich gesund, fit und leistungsfähig gehalten. Bis heute, kurz vor meinem 67 Geburtstag!

 

Am 1. Januar 1988 habe ich um 0:00 Uhr genau das Richtige getan:  Die letzte Zigarette ausgedrückt und mir vorgenommen, mit dem Laufen zu beginnen!

 

Das war vor mehr als 27 Jahren!

 

 

Hier noch das genaue Ergebnis:   4:13:30 / Platz 581 gesamt und 4. AK m65,  Puls 150/164

 

 

Gerd!

 

 
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