Rennsteig Marathon - der 24. am 09.Mai
2015
(mein 27. Rennsteiglauf)
Da wir viel Verkehr wegen des Streiks der Lokführer auf der
sowieso durch lange Baustellen belasteten Autobahn befürchteten, fuhren wir am
Freitag bereits 5 Uhr in Havelberg los.
Da mein Fanclub, die Gastgeben der letzten Jahre in Neuhaus,
in Urlaub waren, kamen wir dieses Jahr in einem Hotel am Startort unter.
Wir hatten Glück mit dem Verkehr und waren bereits 9:30 Uhr
an Ort und Stelle.
Wir sind trotzdem zur Sporthalle gefahren und konnten das
emsige Treiben bei der Vorbereitung der Dinge, die da kommen sollten,
beobachten.
Ansonsten lief alles, wie seit Jahren gewohnt. 15 Uhr
Abholen der Startunterlagen, Vorbereitung der Wettkampfkleidung für den
Folgetag und dann natürlich die Klöße und Die Stimmung in der Sporthalle.
Der Wettkampf des Folgetages stört mich in der Nacht davor
nicht mehr - dafür ist wirklich alles schon zu sehr zur Routine geworden.
Immerhin sollte es der 24. Start auf dieser Strecke werden.
Nur das Frühstück am nächsten Morgen wich vom gewohnten
Ablauf ab. Gab es das sonst bei Fam. Siegel immer schon 6:30 Uhr (auf Wunsch
eines einzelnen Läufers), so mussten wir dieses mal bis 8:30 im Hotel darauf
warten.
Als Folge verzichtete ich einfach auf die sonst vor dem Start
übliche Banane und alles war gut!
8:40 Uhr fand ich mich im Startbereich ein und suchte nach
bekannten Läufern. Sven von "lauffreund.de" und Ramona und Beate von
den Streakrunnern konnte ich finden, aber leider nicht Jan Köhler. Mit meinen
Lauffreund aus Waltershausen hatte ich mich verabredet, konnte ihn aber in der
Hektik auf der Anlage leider nicht finden.
Dafür fragte mich plötzlich ein Unbekannter "Na, wen
suchst Du denn, Du bist doch Gerd Müller - oder?"
Er erzählte mir, dass er schon seit langer Zeit aufmerksamer
Leser meiner Homepage ist und mein läuferisches Leben ganz genau verfolgt. Er
ist meine Altersklasse (ein Jahr älter) und sagte, dass seine Zielstellung für
den Lauf sei, mich zu schlagen!
Wir lachten beide und ich bin überzeugt, dass ihm das sicher
gelungen ist. Leider habe ich mir seine Startnummer nicht gemerkt - melde Dich
doch mal bei mir (Gästebuch wäre eine Möglichkeit)!
Dann ging es los! Nach 2 km hatte ich den ernsthaften
Gedanken im Kopf, aufzuhören!
Ich weiß nicht, ob es das Alter ist, das jedes Jahr etwas
härter zuschlägt, oder die wirklich fehlenden Höhenmeter im Training seit 1,5
Jahren.
Ich hatte einen Puls von 170 (laut meiner TomTom) nach dem
Berg am Anfang und fühlte mich so schwach, dass ein erfolgreiches Finishen unmöglich
erschien!
Aber irgendwie hätte das nicht zu mir gepasst! Natürlich
lief ich weiter! Für ein Aufgeben gibt und gab es für mich immer nur zwei
Gründe, die ich akzeptieren könnte:
- Gefahr einer oder eine bereits eingetretene Verletzung
- Tod
Also sagte ich mir "Na los, mach schon, das hast Du
doch schon oft erlebt und immer gemeistert!"
Also weiter. So langsam wurde ich warm und es begann, etwas
leichter zu rollen.
Hoch Richtung Masserberg bin ich an den Steigungenab und zu
gegangen und konnte immer problemloser und auch flotter laufen.
Am Hohlweg wurde es richtig spannend. Da ich ziemlich am
Ende des Feldes gestartet war, war ich dort noch in einem Bereich, in dem viele
wirklich langsame Läufer unterwegs waren.
Natürlich kam es gleich zum Stau, weil vorn jemand lief, der
vor Angst vor einem Sturz so langsam lief, dass es fast nicht mehr vorwärts
ging.
Also sah ich mich mehrmals gezwungen, mit vollem Risiko
Überholmanöver zu starten, um nicht zu viel Zeit zu verlieren. Ich hatte mir
nämlich am Start das Ziel gestellt "unter 5 Stunden"!
Es passierte also das, was ich vermeiden wollte. Ich kam
gestresst im Tal unten an und hatte mehr als vorgesehen Kraft verloren. Ich
wusste ja, was jetzt kam!
Der beinahe endlos anmutende Anstieg hoch bis Kahlert!
Doch oh Wunder - ich konnte bis hoch durchlaufen. Allerdings
musste ich voll "auf die Zähne beißen", um das durchzuziehen.
Für einen Gedanken ans Aufhören war jetzt natürlich keine
Zeit mehr da - ich war im Kampfmodus! Allerdings hatte ich immer das Gefühl,
kämpfen zu müssen, um zügig voran zu kommen. Kurz gesagt, es war immer schwer!
In Neustadt gönnte ich mir zwei Minuten am
Verpflegungspunkt. Ein Gel, eine Salztablette!
So viel Zeit muss sein, denn es wäre fatal, wenn plötzlich
Krämpfe jeden Kampf unterbinden würden!
Kurz danach war er da - der jährlich wiederkehrende Moment,
wenn man DEN BERG sieht und man sich sofort völlig leer fühlt. Jeder, der schon
mal auf dieser Strecke unterwegs war, kennt diesen Anstieg bei km 31.
Überraschenderweise gelang es mir ziemlich problemlos, oben
wieder ins Laufen zu kommen.
Der Blick zur Uhr offenbarte mir allerdings eine Gewissheit:
"Unter 5 Stunden kannst Du vergessen!" Dafür waren die Gehpassagen
wohl doch zu zahlreich gewesen - schade!
Plötzlich änderte sich alles! Es begann zu regnen! Erst ganz
wenig, dann immer mehr! Als es plötzlich in einen ausgewachsenen Hagelschlag
überging, wurde ich wütend über so viel Pech!
Plötzlich war mir alles egal! Die teilweise schmerzhaften
Treffer durch die Eiskörner, der wie aus dem Nichts entstandene Schlamm - ich wollte diesen
"Mist" so schnell wie möglich beenden!
Jetzt kamen ja eigentlich MEINE KILOMETER! Auf den
letzten7-8 km war ich eigentlich auf dieser Strecke immer am stärksten!
Also - Kopf ausschalten und los - und wie! Ich war nur noch
am Überholen! Wie durch ein Wunder rutsche ich im schlammigen Untergrund nicht
weg und als ich 2 km vor dem Ziel zur Uhr schaute, traute ich meinen Augen
nicht. Das war noch drin!
Also zwang ich mich weiter und setzte die vermeintlich
letzten Kräfte ein. Ich lief hoch zum Sportplatz (sonst wäre ich sicher
gegangen).
Die Uhr am Zielbogen zeigte 5:01:..., aber ich war ja weit
hinten gestartet!
Endzeit: 4:58:26 h !
Wieder einmal hatte sich gezeigt, dass man über ein Aufgeben wirklich
immer erst nach dem Zieleinlauf nachdenken sollte.
Ich wollte sofort runter, um den nächsten Bus nach Neuhaus
zu kriegen, denn Dynamo Dresden spielte und ich wollte im MDR die zweite
Halbzeit sehen.
Christine hatte Mühe, mir zu folgen, aber wir schafften
wirklich gerade noch so den Bus. Sonst hätten wir noch eine Stunde warten
müssen.
Ich war noch nicht mal umgezogen - nur die hart erkämpfte
Medaille hing um meinen Hals!
Da die Fahrt eine knappe Stunde dauerte, kam ich natürlich
zum Frieren. Zum Glück war das Hotel nicht weit und die folgende Dusche richtig
heiß, so dass ich bis jetzt keine Anzeichen einer Erkältung verspüre.
Als wir runter zum Bus "rannten" kam er den Berg
hoch gelaufen - Jan Köhler! Im vorigen Jahr war er bei seiner Premiere auf dieser
Strecke gestürzt und hatte sich verletzt. Er musste aufgeben.
Im diesen Jahr hatte er noch eine Rechnung mit der
Marathonstrecke offen und konnte diese begleichen!
Trotz mächtiger Krämpfe unterwegs beendete er das Rennen
erfolgreich! Ich konnte ihm seine Enttäuschung anmerken und tröstete ihn mit
den Worten: "Jan, das nächste mal
nimmst Du paar Salztabletten mit! Sei zufrieden mit Dir! Trotz Krämpfen dieses
schwere Rennen zu beenden, schafft nicht jeder. Heute hast Du den Grundstein
für kommende Taten gelegt!"
Ich allerdings bin am Überlegen - soll ich mir das wirklich
jedes Jahr aufs neue antun, oder genügen 27 Läufe auf dem Rennsteig? Im flachen
Norden gibt es so viele schöne Läufe!!!
Gerd! (Dresden hat
übrigens 5:1 gegen Unterhaching gewonnen - super!)
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